Montag, 9. Mai 2016

Vellore - die Stadt des ewigen Schwitzens

"Tropf, Tropf, Tropf", ein alltägliches Geräusch... ein Geräusch, was uns schmerzhaft immer wieder an unser Leid erinnert!
Nicht etwa das Geräusch unseres Wasserhahns im Bad in den Eimer oder der Tropfen, die von oben aus der Decke auf Grund eines kaputten Rohrs kommen ist gemeint, sondern das meines eigenen Schweiß.
Dieser fließt seit einem guten Monat und zwar in Strömen...

Heiß! Das ist Vellore, die Stadt zu deren Distrikt Shenbakkam zählt, im Moment hauptsächlich. Jeden Tag steigt das Thermometer bis 45 Grad an und zwischen 11 und 16 Uhr findet man so gut, wie niemand auf den Straßen.
Alle haben sich in ihre vermeintlich kühlen Häuser geflüchtet, wo die Ventilatoren auf Hochtouren laufen. Strom nun nicht mehr ein Luxusgut, sondern überlebensnotwendig, ein Powercut, der Tod!

Ein Klimadiagramm von Vellore. Um die 40 Grad im Schatten sind normal!

Der indische Sommer lässt mich also leiden und zwingt mich mindestens 3mal täglich unter die Dusche. Mittags ist Siesta angesagt oder eben Tropfen, wenn ich mich aus der Wohnung raustraue. Auch die Inder leiden und hoffen jeden Tag erneut auf Regen...

"Where are you from? From Tamil Nadu? It is very hot there, yes? From Vellore? You must die at the moment!"
Kommt von anderen Bewohnern Indiens. Denn die Stadt ist von Bergen umgeben, liegt somit im Kessel und wird jeden Tag, wie der Boden eines Topfs schön durch gebraten...
Doch natürlich ist die Stadt nicht nur für ihre speziellen Sommertemperaturen bekannt!

"Where are you from? From Tamil Nadu? From Vellore? Ahh, there is this very good hospital, yes?"
oder, wenn wir in Vellore sind:
"Where are you from? What do you do here? You are a student? CMC, yes?"
Denn die Stadt ist für sein Krankenhaus, das Christian Medical College, in ganz Indien bekannt!
Dieses bildet seine Ärzte sehr gut aus. Die Studenten werden über einen Test ausgewählt, so dass jeder potenziell die Chance hat, genommen zu werden. Und auch die Patienten werden alle behandelt, gegen Geld, wenn sie welches haben, kostenlos, wenn nicht.
Auch wir haben einige Stunden in dem riesigen Gebäude verbracht, nämlich als Kira ihren gebrochenen Fuß hatte. Dort dürft die selbst erleben, dass die Ärtze alle sehr freundlich und wohl auch fähig sind, nachdem sie jetzt wieder wie zuvor rumspringt!

Die andere Institution, für die Vellore bekannt ist, ist das VIT. Das Vellore Institute of Technology ist eine sehr gute Universität, mit einem riesigen Campus.
Diese besuchen Studenten aus ganz Indien und auch wir waren schön öfter da, weil wir dort einige Freunde gefunden haben. Außerdem finden auch wieder Ausstellungen und Events statt, bei denen Forschungen präsentiert oder Aufklärungsarbeit betrieben wird.

So viel mal zu den Punkten, für die Vellore bei den Indern vorallem bekannt ist und nun nochmal eine kleine Touristenliste, von einem Insider, nämlich mir ;)


TO SEE

 

Das Fort


Gegenüber vom Old Busstand, zieht sich die staatliche Festungsmauer, von einem Wassergraben umschlossen, lang. Diese wurde im 16ten Jahrhundert erbaut und natürlich gibt es auch eine nette Geschichte dazu:

Es war einmal ein König, der nur eine einzige Tochter hatte. Nur ein besonders starker oder kluger Mann sollte diese zur Frau kriegen. Nämlich derjenige der es schaffe den Wassergraben, in welchem zu dieser Zeit noch unzählige Krokodile schwammen, unbeschadet zu durchqueren. 
Nun kam es eines Tages dazu, dass ein Gefangener, der eigentlich unschuldig war, den Wachen entfliehen wollte und im Eifer des Gefechts in den das gefährliche Wasser sprang oder viel, so genau weiß das heute keiner mehr... Dieser überlebte seine Flucht und erfuhr einige Zeit darauf von dem Versprechen des Königs.
Also nahm er seinen eigenen Sohn, der im alter der Prinzessin war, an die Hand, um dieser anstatt seiner zu verheiraten. Der König stimmte zu, die beiden bekamen eine wunderschöne Traumhochzeit und lebten glücklich bis an ihr Lebensende. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!

Ob in dem schlammigen Wasser tatsächlich einmal Krokodile gelebt haben ist fragwürdig, aber auf jeden Fall lohnt sich ein Spaziergang auf der Festungsmauer, von der aus man einen wunderbaren Blick auf die Stadt und die diese umgebenden Berge hat.
Und auch die Wiese davor ist, wenn es nicht zu heiß ist, immer gut besetzt von Familien und Pärchen. Eine der wenigen Grünflächen Vellores.

Bildergebnis für fort vellore
Der Wassergraben und die Festungsmauer.

Familien und Paare auf der Wiese.

Main und Long Bazar


Sind die beiden Märkte in Vellore, welche sich hinter der Hauptstraße erstrecken. Dort bekommt man einfach alles. Von Obst und Gemüse, über Saris, Schmuck, Holz, Küchenutensilien... Und die Stimmung ist einfach unvergleichlich. Wie die Händler ihre Ware anpreisen und die Planen über den engen Gassen zum Sonnenschutz, sind einfach typisch indisch.
Meine absolute Lieblingsgasse ist die Blumengasse. Diese erstrahlt immer in den buntesten Farben und duftet unglaublich. Jeden Tag werden Tonnen von frischen Blüten angeboten und immer wenn wir durchlaufen bekommen wir welche als Lockmittel geschenkt.

Alle Farben sind vertreten.

Der goldene Tempel - Sripuram

Bildergebnis für sripuram
In vollem Glanze!
"Das ist hier wirklich, wie auf der Titanic!", kommt ein wenig erschrocken von Bene.
Damit meint er nicht den ganzen Prunk des Tempels, sondern viel mehr die Abteile, in denen man auf den Weg zum Tempel eingesperrt wird und wo Massen von Menschen an den Gittern hängen. Eben wie auf der Titanic, als diese schon dem Untergang geweiht ist und die Passagiere der unteren Klassen nicht rausgelassen werden.
Das ganze klingt beunruhigender, als es ist! Auf dem Weg zum Tempel gibt es vier große Abteile, eins von diesen wird immer gefüllt, abgeriegelt, dann folgt das nächste. Nacheinander und mit einigem, zeitlichem Abstand werden diese dann geöffnet, so dass nicht alle auf einmal, sondern immer nur eine bestimmte Anzahl an Menschen sich auf den Weg machen können. Eigentlich eine gute Idee, auch wenn die Abteile weder besonders ansehlich aussehen noch riechen!

Der Tempel an sich besteht komplett aus Gold und funkelt sowohl bei Tag, als auch bei Nacht! Umgeben ist er von einem wunderschönen Gang, der sternförmig aufgebaut ist und einem sehr gepflegten Garten. Den Weg zieren Sprüche, die Stimmung regt zum Nachdenken an und Gesänge begleiten den Gang zum Heiligsten.
Ein wunderschöner Ort, der etwas außerhalb liegt und zu dem es mich trotzdem insgesamt 5 mal hingezogen hat, weil ich die Atmosphere so sehr genossen habe.
Leider ist fotografieren verboten! Handys, Kamera und Schuhe müssen vorher abgegeben werden.

Bildergebnis für sripuram
Die Anlage ist sternförmig aufgebaut.


To Do

 

Briyani Essen


Vellore ist scheinbar für sein Briyani, den Reis mit der besonderen Gewürzmischung, berühmt. Immer wieder sieht man Läden, die diesen verkaufen, bestimmt einen Versuch wert!

 Chennai Silks und Panchaiyappas Silks


Diese beiden riesigen Klamottenläden ziehen sich über mehrere Stockwerke. Es gibt Saris in allen Farben, Materialien und Preisklassen. Außerdem natürlich auch alle anderen indischen Outfits und unzählige Stoffe für Hemden und Anzüge.
Noch dazu eine Klimaanlage... Das alles führt dazu, dass man für diese Läden schon immer mit einer Aufenthaltsdauer von 2h rechnen sollte. Die riesige Auswahl zieht einen in den Bann und bei den kühlen Temperaturen vergisst man die Zeit eh sofort!

 Einen Anzug schneidern lassen


Oder eben einen Blazer, ein Dirndl usw.... Das alles kostet in Indien so gut wie nichts, da sowohl Material, wie auch die Dienstleistung einfach super billig ist. Und so maßgeschneiderte Sachen sind doch ziemlich schick...

To Sees machen


Einen Tempel besuchen, auf dem Fort spazieren oder aber auf der Wiese rumliegen und ein Buch lesen gehört auf jeden Fall zu jedem Vellorebesuch dazu!
Dazu noch bei den Straßenverkäufern Samosas oder Masala Poori essen und schon ist man im echten "Vellorefeeling" angekommen. Für mich immer wieder lohnenswerte Besuche in meiner Zeit, wo ich die Stadt dann doch wieder schön fand, auch wenn sich neben der Hitze auch der Smog im Kessel anstaut und einfach mal tief, frische Luft einatmen wohl einfach nicht möglich ist...


Manjula :)
So viele Tipps, falls jemand Vellore mal einen Besuch abstatten möchte ;). Dann auf jeden Fall nicht vergessen bei Manjula vorbeizuschaun. Die kocht super, südindisches Essen und freut sich herzlich über jeden Besuch. Vanakam!

Samstag, 7. Mai 2016

We are the children

"There are two schools, in the village Shenbakkam,
where we teach English everyday!
What's your favourite colour?
There are many questions that they learn,
till all their brains burn"
Das ist die erste, umgeschriebene Strophe unseres Lieds für "Gyan Shenbakkam".
Denn zwei Wochen lang lief "We are the world" hoch und runter, zum Ende des Schuljahres wollten wir nämlich mit allen Schülern nochmal was besonderes machen.
Also ein kleines Projekt! Gemeinsam übersetzten wir das Lied und übten dann unerbitterlich das Singen des Refrains... 
Nachdem dieser endlich saß und aufgenommen war, studierten wir noch alle zusammen einen kleinen Tanz zum Refrain ein und filmten diesen mit als Videomaterial für unseren Song.



Fleißig üben wir alle zusammen den Songtext.
Unser eigener Tanz zu "We are the world".

Da darf der Daumen hoch natürlich nicht fehlen!
Auch einige deutsche Einflüsse: Disco Fox



Aus diesem Material soll ein vollständiger Song mit Musikvideo entstehen, mit dem wir dann hoffentlich ein paar Spenden für das Projekt sammeln können.
Die Schüler hatten super viel Spaß und haben sich total besonders gefühlt, aufgenommen und gefilmt zu werden.

Das Schuljahr ist in Tamil Nadu nun vorbei!


Die Schülerinnen der 8ten Klasse, die ich zum größten Teil unterrichtet habe werden auf eine weiterführende Schule gehen, und die kleineren hoffentlich nächsten Jahr wieder den Unterricht besuchen.
Wenn ich zurückblicke, bin ich sehr zufrieden mit dem, was wir in dieser Zeit erreicht haben, ein kleiner Rückblick:

Im August frisch angekommen, waren die Schüler in ihren Gruppen auf komplett unterschiedlichen Leveln, unterrichten war da oftmals schwer. Immer war ein Teil über- und einer unterfordert. Tuition ohne eine tamilische Lehrkraft? Nicht möglich! Viele konnten nichtmal das ABC, von sich vorstellen oder flüssigem Lesen mal abgesehen. Zu den ersten Fragen, die wir hörten, gehörte "My father's name is?" und zwar mehrmals. Dies sollte eigentlich "What's your father's name?" bedeuten.

Zu anfangs etwas schockiert und wahrscheinlich auch überfordert, war der Schock bald überwunden!
General Knowledge Tests, die nicht nur Schreiben, sondern auch das Sprechen und Lesen, abfragen, fanden statt. Neue, sinvoll nach Level aufgeteilte Gruppen, entstanden. Wir ordneten alle Ordner mit Lehrmaterial, schrieben Lehrpläne und schafften damit eine Grundlage für ordentlichen Nachhilfe unterricht. Außerdem wurden Hometuition und Computerclass endlich wieder eingeführt.

Noch nicht ganz genug mit dem Selbstlob... ;) Alles lief wirklich sehr gut, und nun ist das Schuljahr vorbei und wir können stolz sagen, dass sich wirklich jeder Schüler ordentlich vorstellen kann und in der Lage ist ein kleines Smalltalkgespräch zu führen. Die schlechtere Gruppe beherrscht das ABC und Sentence Structure (SVO), die Mittlere die Zeiten, und die Schüler der Besten können Dialoge führen, leichte Listenings verstehen, Fragen bilden und ein Bild beschreiben.
Und so sind wir nicht nur auf unsere Schüler/innen stolz, mit wie viel Fleiß und Spaß diese gelernt haben, sondern auch ein bisschen auf uns ;)

Der "Schweigefuchs" kam viel zum Einsatz... hat immer super funktioniert!

Last but not least


Ganz vorbei ist es ja noch nicht. Und so bietet das Projekt in den Sommerferien ein "Summer Programm" für die Schüler an. Gemeinsam mit den indischen Lehrkräften haben wir ein Musical verfasst. 
Dieses handelt von zwei Schwestern. Die eine fährt nach Deutschland und erlebt dort eine ganz neue, andere Kultur, für die andere fängt die Schule wieder an. Nur dass sie jetzt in die 9te Klasse und damit auch auf eine neue Schule, mit anderen Mitschülern geht.
Die Dialoge sind auf Englisch, zwischendrin gibt es 3 tamilische Songs, die alle gemeinsam Singen und auch ein bisschen dazu tanzen. Diese handeln von Themen wie Neuanfang oder wiedervereint sein.
Das Thema des Musicals ist natürlich nicht aus der Luft gegriffen, sondern soll die Schüler schon ein bisschen auf die neue Schule vorbereiten und ihnen nochmals einige kulturelle Unterschiede aufzeigen. Denn natürlich wollen nicht nur wir in Indien lernen und kennenlernen, sondern auch ein wenig von uns und unserem Leben da lassen!

 https://www.docdroid.net/EoCxj6y/musical-shenbakkam.pdf.html


Leider können nicht alle Schüler/innen zum "Summer Programm" kommen. Und so war der Abschied von einigen schon schwer und die ersten Tränen sind geflossen.
Bei vielen fragt man sich, ob sie ihre Ziele denn erreichen werden, wenn sie beispielsweise bei der Introduction Round immer wieder äußern: "I want to become a doctor." oder "I want to travel to Germany, London, New York... one day."
Andere haben nicht so große Träume, sondern wollen nur mal nach Chennai, was 3h entfernt liegt, oder das Taj Mahal sehen. Hier wird mir immer wieder bewusst, wie sehr ich es schätzen sollte, dass ich so viel von der Welt sehen darf und schon so viel rumgekommen bin. Dass ich die Möglichkeit habe 9 Monate in Indien zu leben und unglaubliche Erfahrungen zu machen.
Währenddessen werden einige der Schüler das Dorf, Shenbakkam, bzw. Vellore vielleicht nie verlassen... 
Obwohl ich immernoch sehr hoffe und auch weiter hoffen werde, dass sie kämpfen und ihre Träume in Erfüllung gehen!

Alle Schüler/innen aus Project 1

Nochmal ein High Five zum Schluss

Alle Schüler/innen aus Projekt 2

Uuuund großes Gruppenkuscheln :)