Dienstag, 12. April 2016

Ein Hol(i)y Trip

Von der vollen indischen Hauptstadt, Delhi, dem gegenseitigen Farben bewerfen zum größten Festival Nordindiens, bis in die heilige Stadt Varanasi, mit ihren Totenverbrennungen und Zeremonien. Eben ein ganz besonderer Hol(i)y Trip!

 


Von Vellore nach Delhi ist es circa so weit, wie von München nach Madrid, nämlich 2000 km. Also ab mit uns in den Flieger und 2 einhalb Stunden später waren wir auch schon da. In der Stadt mit einer der höchsten Luftverschmutzungen weltweit, einem schönen Fort und einer quirlligen, hupenden Altstadt.
Aber vorallem in der Stadt, die als der perfekte Partyort für Holi, wohl das bekannste Festival Indiens, gilt. Im Süden wird dieses eigentlich fast gar nicht celebriert und so stand außer Frage, dass es für uns zu diesem besonderen Event in den Norden geht. Nach Delhi eben.

Holi geht auf eine alte, indische Geschichte zurück:
"Prahlada, ein Prinz wurde von seinem Vater aufgefordert ihn, anstatt der Götter zu verehren. Nachdem dieser sich weigerte und auch allen, sich anschließenden Mordversuchen seines Vaters mit Hilfe des Gottes Vishnu entkam, entschied sich dieser zu einer List. Seine Schwester Holika, die einen magischen Mantel zum Schutz gegen Feuer besaß, sollte mit dem Jungen in die Flammen gehen. Er sollte sterben und sie unbeschadet wieder aus den Flammen heraustreten. Als sie dieses jedoch tat, wurde der Mantel von ihren Schultern, auf die des Prinzen geweht. Holika verbrannte im Feuer, während Prahlada überlebte. Daraufhin ergab sich der König vor diesem. Gut siegte über Böse."

Am ersten Tag des Festivals werden deshalb Feuer gezündet und eine Figur aus Stroh, die Holika darstellen soll, verbrannt.
Am zweiten bewerfen sich alle gegenseitig mit Farben und Wasser, welche symbolisch immernoch für 'Holikas Asche stehen. Gleichzeitig sind an diesem Tag. aber auch alle sozialen Schranken aufgehoben.

Am 24. März war es soweit. Schon früh morgens begann auf Delhis Straßen eine riesige Party. Vor die Tür gehen gehen und sauber bleiben? Keine Chance! Also rein in die alten Klamotten und ab gehts.
Kaum hatten wir die Wohnung verlassen, wurden wir von Kindern von oben mit Wasser beworfen. Die Farbe folgte an der nächsten Wegbiegung und schon waren wir alle schön Pink!
Unser Ziel letztendlich: das Holimoo-Festival, das größte und beliebteste in Delhi, was vorallem den Vorteil hat, dass mit organischen Farben geworfen wird. 5min da und schon waren wir alle kunterbund, was weder das abtauchen im Planschbecken dort, noch die Dusche danach irgendwie wieder ändern konnten.
Bei mir ist eine Pinke Strähne bis heute geblieben und erinnert mich immer wieder an diesen großartigen Tag!


File:Holila Dahan(Bonfire a night before the holi festival.India) 01.JPG
Ein "Holikafire" am Vortag, leider nicht von mir, sondern: By Viraj J Narkar (Own work) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons

Schön bunt auf dem Festival


Vom riesigen Holi-Festival weiter in die "Holy City" Varanasi...

 

Benaras [Varanasi] was famous before Rome was known, and for many centuries has claimed and gained the homage of every devout Hindu. Its rivers, its temples, its banks, are known and revered throughout India. Its very air and soil are counted holy. Residence in the city ensures salvation, death there makes salvation doubly sure." - Reverend Charles Phillips Cape

Dieses Zitat kann vielleicht ein bisschen beschreiben, was für ein besonderer Ort Varanasi, die heilige Stadt am Ganges, ist.
Hier waschen sich Lebende im heiligen Fluss, um von allen Sünden rein zu werden, während gleichzeitig die Asche der Toten, welche am Ufer verbrannt werden, in den Ganges versenkt wird. Für mich als außenstehende ein Ort zum Staunen, mit seiner ganz eigenen Magie.

Zweimal sind wir dort um 5 Uhr morgens aufgestanden, um die unglaubliche Stimmung zum Sonnenaufgang zu erleben. Den Pilgern und Bewohnern bei ihrem Bad, aber auch dem Wäsche waschen zuzuschauen, die Promenade entlang zu laufen und die spezielle Feuerzeremonie am Assi Ghat (dt.: Treppe zum Gewässer) zum Sonnenaufgang zu beobachten.
Dreimal haben wir uns mit dem Boot über den Ganges fahren lassen. Mit den ersten Sonnenstrahlen den Weg zurück, zur nächtlichen Puja-Zermonie und um die Verbrennungen vom Fluss aus zu beobachten.
Einmal saßen wir bestimmt eine Stunde lang am Manikarnika Ghat und konnten unsere Blicke einfach nicht von den Körpern wenden, welche nach und nach im Feuer verbrannten, bis erstmal nur noch Füße und zum Schluss Asche übrig waren.

Was für außenstehende unvorstellbar klingt, habe ich als weniger schlimm, als erwartet empfunden!
Die Leichen werden zum Ufer getragen und dort, je nach Kaste, auf eine bestimmte Ebene, neben dem schon aufgestapelten, genau abgewogenen Holzstapel gelegt. Das Holz müssen die Angehörigen kaufen und es überdeckt den Gestank der verbrennenden Körper. Außerdem muss es genau reichen, bis der ganze Körper verbrannt ist, damit das Ganze auch wirklich heilig ist.
Die Asche wird dann in den Ganges getragen. Diese Zeremonie gilt als sehr heilig und soll dafür sorgen, dass der verbrannte Mensch direkt aus dem Kreislauf entlassen wird und sozusagen ins Paradies darf.

Mich persönlich hat das Thema Tod dort viel weniger getroffen, als vorher angenommen. Mehr Mitleid, wie mit Toten oder Angehörigen, die typisch indisch keine große Trauer in der Öffentlichkeit zeigen, hatte ich mit den Arbeitern, die aus der untersten Kaste stammen und fabrikmäßig, im Rauch den ganzen Tag, wie am Fließband, Körper verbrennen oder Holzhacken.
Zwischendurch laufen Kühe, Hunde und Ziegen...


Die Pujazermonie vom Boot aus (von einer Traube anderer Boote umringt)

Ein Ghat mit heiligen Zeichen

Die Verbrennungen von weiter weg, dort darf man eigentlich keine machen, wer aber trotzdem Bilder sehen will einfach mal "burning ghat Varanasi" bei Google Bilder eingeben ;)

Die Stimmung beim Sonnenaufgang. Mit diesen Booten wurden wir rumgefahren



So spürt man zwar in Varanasi durchgehend, wie besonders die Stadt ist, welche Bedeutung sie für die Hindus hat und wie der uralte Glaube hier verankert ist. Doch laufen die Verbrennungen, dann viel "unheiliger" ab als angenommen. Bestimmt für manche, die sich noch nicht so lange in Indien aufhalten, erschreckendere Bilder, als für mich.
Denn ich habe mich mittlerweile dran gewöhnt, dass das Leben und so eben auch der Tod hier sehr öffentlich stattfinden!


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